Diese Seite wurde im Januar 2016 mit dem 1. Entwurf online gestellt worden. Sicherlich wird es zahlreiche Änderungen geben. Hier geschriebenes sind Beispiele, Hinweise und teilweise eigene Praxiserfahrungen. Jedes Assistenzhund-Mensch-Team wird seinen eigenen Weg gehen mit den vorhandenen Möglichkeiten. Lotta möchte hier für das Thema sensibilisieren und zum Nachdenken bellen.
Wir Assistenzhunde leisten enorm viel. Dabei ist es egal, ob wir uns noch in der Ausbildung befinden, oder bereits geprüft ausgebildete Assistenten sind.
Viele von uns sind im Dauereinsatz oder Bereitschaftsdienst. Damit wir kein „Burn out“ bekommen, macht es Sinn, Hundenischen zu suchen, finden und nutzbar zu machen, wo wir auftanken können. Auch wenn wir unseren Job mit viel Freude, Spaß und Hingabe für „unseren“ Menschen erledigen, kommen wir in Situationen, die Stress für den Hundekörper bedeuten. Jeder Hund von uns bellt anders damit um, hundeklar: Da spielen viele Faktoren eine Rolle und spiegeln am Ende wieder, wie prädestiniert der einzelne Hund für Stressreaktionen empfänglich ist. Beispiele wie sich Streß aude den Hund auswirkt nenne ich hier keine, denn es gibt unendlich viele. Wen das aber gezielt interessiert, wird zahlreiche Seiten finden. Hier soll es um konkrete Tipps und Hinweise zum Streßabbau gehen.
Ich denke jeder gute Assistenzhundetrainer wird seinem Azubi-Team eine individuell angepaßte Präventions- und Vorbeugungspflege was das Stressmanagment angeht zukommen lassen. Ich habe mich ein wenig auf die Themensuche begeben. Über Streß bei Hunden schreibt Lennard Peters ausführlich auf seinen Seiten. Einen Auszug zur Prävention zitiere ich aus dem Link: „Hunde sind besonders dann stark gestresst, wenn die Stressreaktion, die zwangsläufig in ihrem Körper abläuft kein lösendes Ergebnis bringt. Passiert dies häufiger, wird also das Stresssystem häufiger überlastet, beginnt der Hund zu lernen, dass es in den für ihn relevanten Situationen keine Möglichkeit gibt, eine Besserung herbeizuführen. Dies kann so weit gehen, dass eine sogenannte erlernte Hilflosigkeit entsteht, die von einer Art passiver Resignation geprägt ist. Solche Hunde sind dann passiv, unterwürfig, ausweichend, kontaktarm, spielen nicht mehr, ihr Immunsystem ist geschwächt und sie werden schlußendlich auch körperlich krank.
Daraus leitet sich aber eine Vorgehensweise ab, die bei gesunden Hunden dazu führt, dass sie ein gutes, belastbares Stresssystem ausbilden und die bei dauergestressten Hunden eine merkliche Verbesserung des Gesamtzustandes mit sich bringt. Sie besteht darin dem Hund schwachen, für ihn zu bewältigenden Stresssituationen auszusetzen, aus deren Bewältigung er lernt, dass Stress nichts schlimmes ist und auch der emotionalen Verbesserung von Situationen dient. Er lernt dadurch, Situationen unter Kontrolle zu haben, was das Selbstbewusstsein stärkt und die Reaktionen bei folgenden Stressreizen geringer ausfallen lässt. Dazu gehört auch, zu erkennen, wann der Hund unter starkem Stress leidet, Stresssymptome zeigt, und ihm dann ein Stressabbauendes Alternativverhalten anzubieten, über das er in der Lage ist, Stress abzubauen, was aber gleichzeitig überall angewandt werden kann und „gesellschaftsfähig“ ist. Fängt ein Hund z.B. an zu Buddeln, um Stress abzubauen, ist das kein Verhalten, was er immer und überall praktizieren kann – in der Wohnung buddelt es sich genauso schlecht, wie auf Asphalt. Auch das Buddeln im Garten ist nicht jedermanns Sache. Hier wäre es ein Ansatz, dem Hund einen Gegenstand anzubieten, auf den er beißen kann, auf dem er herumkauen kann, denn auch das Kauen ist stressabbauend. Schafft man es, dem Hund einen solchen „Schnuller“ „schmackhaft“ zu machen, lernt er also, dass die Kaustrategie Erfolg und Spannungsabbau bringt, wird diese Strategie in Zukunft öfter zum Stressabbau genutzt werden, wenn ein Kaugegenstand zur Verfügung steht. Es empfiehlt sich, immer den gleichen Gegenstand zu benutzen, und diesen immer dabei zu haben, wenn man mit dem Hund unterwegs ist. Auch über einen solchen „Schnuller“ kann ein Hund also lernen, ihn stressende Situationen unter Kontrolle zu halten, was ihm Sicherheit gibt, und ihm die Möglichkeit eröffnet, solche Situationen nach mehrmaligem Durchleben als nicht bedrohlich abzuspeichern.“ (Zitat Ende)
Praktische Hunde-Möglichkeiten zum Entspannen & für den Streßabbau
- Ruhe-Oasen oder Nischen. Manchmal genügt ein ruhiges Plätzchen z.B am Rande vom Einkaufszentrum, damit Hund (und Halter) von den Eindrücken verschnaufen kann.
Und ja, klar: Wir Hunde können den Trouble aushalten. Dagegen sagt auch niemand etwas. Wenn es allerdings irgendwie möglich ist, wird das langfristig für die Hundegesundheit gesünder sein.
- Spiel & Spaß. Zusätzlicher Stress kann durch Streichung von aufputschenden Spielen, wie Ball- und Hetzspiele minimiert werden. Wenn der Hund Ballspiele liebt, können die als „Super-Belohnung“ eingesetzt werden. Zerr- und Raufspiele auch eher dosieren. Schnüffelsuchereien oder Versteckspielen bringen Spaß und fördern nicht den Streß: Gemeinsam mit dem Hundemensch machts noch mehr Lust. Zudem sind diese Spiele neben dem Training eine schöne Abrundung und Vertiefung der Beziehungsarbeit mit Spaß für alle Beteiligten.
Homepage: Hier gibt es viele verschiedene Spiele für drin und draußen
Video: Hier gibt es eine Anleitung für einen Schnüffelteppich
- Hundehilfsmittel to go: In länger dauernden und unausweichlichen Situationen ein „Hilfsmittel“ für den Hund mitnehmen: ein Strickseil, Zausel, zum drauf beißen, ein kleiner Dummy zum tragen. Was mögen eure Hunde, das mitnehmbar ist?!
- Ein Lieblingsdufttuch: Den zaubert ihr ab und zu aus der Tasche. Oder Lieblingsgegenstand mit dem der Hund Ruhe oder Wohlbehagen verbindet, sowie alle euch bekannten Gegenstände & Möglichkeiten, die dem Hund in anstrengenden Phasen während seinem Job ein leichteres Arbeiten für euch möglich macht.
- Stress bewußt minimieren kann man indem man unnötigen Trubel, Hektik, bekannte Stressoren und angsteinflößende Situationen einfach (auch mal) meidet und dem Hund keinen Strafen oder gar Bedrohungen aussetzt.
- Schleckpausen: Extrem anstrengende Situationen, durch die das Hund-Halter-Team einen langen Zeitraum gemeinsam gehen, kann mit „Schleckpausen“ oder ähnlichem erleichtert werden. Das können sein: Futtertuben, Futterroller etc. wo der Hund das Futter heraus schleckt. Er hat in dieser Zeit eher einen Tunnelblick und ist von den Umweltreizen abgelenkt. Danach kann es konzentrierter weitergehen.
- Kauen und Knabbern, buddeln & schnüffeln. Da wißt ihr sicher am besten, was euer Hund gern mag. Knabbern, buddeln und umherschnüffeln baut Stress ab. Lotta macht buddeln soviel Freude, das sie für den Balkon eine abdeckbare Kiste mit Sand befüllt bekommen hat! Bei uns Menschen hilft Kaugummi kauen, wie ihr sicherlich aus Erfahrung wißt.
- Raus und Weg oder Kurzurlaub auf Balkonien. Manche Hunde bzw Teams mögen den Strand und das Meer. Wenn es irgendwie machbar ist, wieso sich als Team also nicht eine kleine Auszeit nehmen?! Manchmal ist der Ausflug zum Baggersee eine Insel der Erholung. Weiter wegfahren muß man nicht immer und oft gehts auch nicht. Macht euch Gedanken und schreibt die Möglichkeiten auf. Erweitert sie, wenn ihr von anderen Menschen zufällig neue Einfälle hört. Andere Hundehalter verraten gerne prima Plätze.
- Massagen. Viele Hunde genießen die Massage nachdem sie diese kennengelernt haben.
Video: WDR: Hundemassage
- Entspannung ist nicht nur für den Menschen gut. Auch Hunde können das lernen und davon profitieren. Am Ende sind je nach Entspannungsart beide wesentlich ruhiger. Es gelingt, den Assistenzhund nach einer streßigen Situation oder anstrengenden Zeit durch gezielte Reize der Konditionierung zum entspannen zu bringen. Frau Ute Blaschke-Berthold hat hierzu hilfreiche Informationen und Hintergrundwissen bei Easy Dogs veröffentlicht. Sie hat auch einige Videos.
Homepage: Easy Dogs
Arten der Entspannung
- Entspannungswort / eine gesummte Melodie: Durch ein hell klingendes Wort, das man laaaaaaaaaaaaaang ziehen kann oder eine gesummte Melodie kann der Hund wunderbar von bestimmten Situationen abgelenkt werden oder durch stressige Phasen besser begleitet werden. Eine Melodie wirkt in einigen Situationen langanhaltender. Wie man jeweiliges einführt könnt ihr im Beispielvideo sehen. Darin heisst das Wort „eeeeeeeeeasyyyyyyyyy“. Damit das Wort nicht vergessen wird, gehört das erinnern in ruhigen Situationen zum wiederkehrenden Training dazu. Bei der Melodie nehmt eine, die ihr mögt und gerne summt. Die kann wunderbar man auf entspannten Streifzügen durch die Natur mit dem Hund angestimmt werden. Der Hund ist nach erfolgreichen antrainieren merklich relaxter und zumzulenken oder zu beruhigen. Regelmäßiges „auftanken“ natürlich nicht vernachläßigen.
Video: Entspannungswort Aufbau oder auftanken des Wortes
2. Entspannungsberührungen oder Tellington Touch.
Schaut euch das Video mit der Massage an. Dort wird zu entspannten Berührungen einiges gesagt. Oder nutzt die Googlesuchfunktion zu den genannten Stichwörtern.
3. Entspannungsgesten sind nach dem gleichen Prinzip zu erlernen, wie die übrigen hier genannten.
4. Entspannungsdecke
Videobeispiel: Entspannungsdecke mit einem Videobeispiel
Video: Entspannungswort zur Ab- oder Umlenkung
- Düfte zum Entspannen konditionieren. Das geht ganz einfach. Ihr sucht einen natürlichen Duft, den euer Hund mag. Z.B die Öle von Primavera. Sie sollen in jedem Fall biologisch, geprüft und keine chemischen Zusätze beinhalten: Das Gehirn nimmt keine chemischen Duftstoffe auf (siehe Fußnote 1).Der Hund kann super riechen, daher bitte sehr dezent einsetzen und auf ein Tuch träufeln. Wenn der Hund gerade entspannt ist, bereits döst, einfach daneben legen. Nach einer Weile verbindet der Hund den Duft mit Ruhe & Entspannung. Nicht vergessen: Immer wieder den Duft in ruhigen Dösezeiten neben den Hund zu legen. So wird dieser auch nicht vergessen.
„Es ist uns ein Anliegen, daher belle ich es am Ende nochmals: Ihr kennt euch als Team am besten. Keiner sagt, das euer Hund nicht auch ohne all diese Hinweise seinen Job gern macht. Viele Teams sind sehr umsichtig mit ihren Assistenzhunden und setzen nützliches um, damit der Hund relaxt bleibt. Uns geht es um eine Sammlung von Präventionsmöglichkeiten, damit der Hund gesund & munter bleibt und ihr durchweg lange ein bindungsstarkes Team bleibt!“ Eure Lotta, wuff-wau.
Liebe Leserinnen und Leser: Wenn ihr hilfreiche Tipps habt die ihr erzählen mögt, sendet die uns gerne zu. Wir fügen sie, gerne namentlich ein. Entweder per E-Mail an: info@assistenzhundeleben.de oder ihr verwendet das folgende Kontaktformular.
Fußnoten:
1. Wirkung ätherischer Öle ist messbar! – Prof. Dr. Gerhard Buchbauer, Institut für Pharmazeutische Chemie, Universität Wien: Aromastoffe werden nasal, pulmonal und perkutan resorbiert und beeinflussen zerebrale Potenziale innerhalb von Sekunden. Ebenso sind starke Reaktionen im Bereich von vielen anderen Körperparametern nachweisbar. In richtiger Weise gewonnen, richtig gelagert und richtig angewandt, können sie wertvolle Hilfe leisten, wie zahlreiche Studien dokumentieren. Am Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Wien führte Prof. Dr. Gerhard Buchbauer in Zusammenarbeit mit Kollegen in Innsbruck verschiedene Experimente durch und konnte dabei nachweisen, dass Aromastoffe das Verhalten von Lebewesen, zum Beispiel deren Motorik, Mobilität und Sozialverhalten, direkt beeinflussen können. Verschiedene Inhaltsstoffe der ätherischen Öle konnten in Blutproben nachgewiesen werden. Neuro-Radiologen im Wiener AKH untersuchten mittels Xenon-Computer-Tomographie den Blutfluss im Gehirn. Einige Aromastoffe entfalteten eine durchblutungsfördernde Wirkung, andere wirkten direkt in den Kortexregionen. Qualitative Analysen der Gehirnrinden, die man vorher verschiedene Aromastoffe einatmen hatte lassen, zeigten, dass diese Stoffe via humoralen Transport tatsächlich die Blut-Hirn-Schranke passierten. Ätherische Öle sind natürlich vorkommende Mischungen einer Vielzahl von flüchtigen Verbindungen mit der allen gemeinsamen Eigenschaft, einen Duft auszuströmen. Im Rosenöl können rund 270 Verbindungen nachgewiesen werden. Jede einzelne Verbindung besitzt bestimmte physikochemische Eigenschaften. Demgemäß können Aromastoffe in medizinischen und auch kosmetischen Behandlungen eingesetzt werden. Zusätzlich rufen sie über die Stimulierung des Geruchssinnes einen Gefühlseindruck hervor.
Quelle: Prof. Dr. Gerhard Buchbauer: Über biologische Wirkungen von Duftstoffen und ätherischen Ölen.